Ab 1969 beginnt Abisag Tüllmann, auch den internationalen Wandel fotografisch zu begleiten: sie besucht Solidaritätsveranstaltungen mit der Black Panther Bewegung in Deutschland und reist im Winter 1969/1970 nach Algerien, wo bei der Al Fatah-Konferenz diverse VertreterInnen postkolonialer Unabhängigkeitsbestrebungen vor allem aus Afrika zusammentreffen.
Ihre persönlichen Kontakte zu politischen Aktivisten der Befreiungsbewegungen in Afrika, aber auch ihr inhaltliches Engagement führen sie in den 1970er Jahren nach Sambia, Rhodesien und späteren Simbabwe sowie Südafrika. Die Aufnahmen, die zum Teil im Auftrag großer Zeitungen und im Falle der Entwicklungsprojekte in Sambia mit Unterstützung des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit entstehen, erscheinen unter anderem in Afrika heute.
Ein 1972 an sie adressierter Brief aus Algier beginnt mit „Dear Comrade Abisag“. Als Kameradin stellt sie den Filmemacherinnen Claudia von Alemann, Helma Schleif und Gerda Jäger für ihren Film Namibia / the first attempt cannot be 100 %, but the second can be successful (D 1973/74) Fotografien von ihrer Südafrika-Reise 1971 zur Verfügung. 1972 lädt die South West Africa People’s Organization (SWAPO) sie als engagierte Fotografin zu zwei Konferenzen über die Zukunft Namibias ein. Gemeinsam mit Bettina Decke bringt sie 1974 das Buch betrifft: Rhodesien. Unterdrückung und Widerstand in einer Siedlerkolonie heraus.
Eine besondere Bedeutung hat Israel, das sie über ein Jahrzehnt lang regelmässig besucht. Ihre Reportagen entstehen teilweise im Auftrag von Zeitungsredaktionen, häufig aber vor allem aus eigenem Antrieb. Sie interessiert sich für politische Umbrüche, aber auch sehr konsequent für das Leben der Menschen vor Ort. Nur einmal begibt sie sich an die Front, im Libanonkrieg 1982. Das Laute war ihre Sache nicht.